Wolken und Licht. Impressionismus in Holland
Die Landschaftsmalerei hat in den Niederlanden ihren Ursprung. Der Realismus der Alten Meister des 17. Jahrhunderts blieb der Maßstab. Mit der in Frankreich entwickelten Malerei unter freiem Himmel erhielten die niederländischen Maler des 19. Jahrhunderts neue Impulse. Die Ausstellung Wolken und Licht. Impressionismus in Holland zeigte vom 8. Juli bis zum 22. Oktober 2023, wie sich Künstlerinnen und Künstler durch die französischen Einflüsse zu einer ganz eigenen, holländischen Form des Impressionismus inspirieren ließen.
Die Haager Schule fing die sich wandelnden Lichtstimmungen der Natur in hohen Wolkenhimmeln mit vielen Grauschattierungen ein. Ab den 1880er Jahren wurden im Wechselspiel mit impressionistischen Einflüssen aus Frankreich die Stadtlandschaft und das moderne Leben ein Thema, bevor mit dem Pointillismus die Entfesselung der Farbe die Malerei bestimmte.
Als französische Künstler in den 1830er Jahren im Wald von Fontainebleau das Malen unter freiem Himmel begannen und die Erfahrung des Moments zum Gegenstand ihrer Bilder machten, schufen sie die Grundlagen für die künstlerische Bewegung des Impressionismus. Nur wenig später, Ende der 1840er Jahre, fingen auch Maler in den Niederlanden an, en plein air zu arbeiten, und auch sie suchten für ihre Experimente mit Licht und Schatten zuerst einen urwüchsigen Wald auf. Bald lernten sie auch die französischen Werke aus dem Wald von Fontainebleau kennen, sei es durch Reisen nach Frankreich oder durch Ausstellungen in den Niederlanden. Das Naturerlebnis im heimischen Wald und die Anregungen aus Frankreich verbanden sie mit der niederländischen Tradition der Landschaftsmalerei des 17. Jahrhunderts.
Die niederländischen Künstler, die in den 1840er Jahren in den Wald von Oosterbeek bei Arnhem zogen, ließen idealisierende oder romantische Landschaftskompositionen hinter sich und zielten auf eine realistische Naturdarstellung. Sie fertigten unter freiem Himmel Studien von Licht und Schatten, Spiegelungen auf Wasserflächen oder der Wirkung des Gegenlichts. Die Gemälde zeigen unspektakuläre Motive aus der Natur und selten oder nur als Beiwerk menschliche Figuren.
Um 1870 entwickelte sich Den Haag zum künstlerischen Zentrum in Holland. Die Maler der Haager Schule brachten die nahe Nordseeküste und die als typisch holländische Landschaft geltenden flachen Polder mit ihren Wiesen und Kühen, Kanälen und Windmühlen ins Bild. Ihre panoramaartigen Gemälde mit niedrigem Horizont und weitem grauen Himmel kommen ohne Handlung aus und ignorieren die Veränderungen der modernen Zeit wie Eisenbahnen oder Telegraphenleitungen. Ihre ruhige, heitere Stimmung in gedämpftem Kolorit war auf Einfühlung und Wiedererkennung gerichtet. Die realistischen Landschaftsdarstellungen bildeten einen Ausschnitt der Wirklichkeit ab und bekräftigten zugleich die Vorstellung von dem, was die eigene Landschaft ausmachte.
Während die Maler der Haager Schule auch in den 1890er Jahren und danach an ihren Themen und ihrer Malweise festhielten, wandte sich die nachfolgende Generation der Stadt zu. Die Künstler des Amsterdamer Impressionismus genannten Stils waren sowohl hinsichtlich ihrer Technik wie ihrer Themen der Moderne gegenüber aufgeschlossen. Rasche Pinselstriche und kompositorische Anschnitte – wie sie auch die französischen Impressionisten verwendeten – wirken momenthaft wie Photographien. Die Dynamik des Stadtlebens mit all seinen Facetten stand im Mittelpunkt. Modegeschäfte, elektrisches Licht oder Pferdetrams waren die Signaturen der Gegenwart. Für die Küste interessierten sich diese Maler nur mit Blick auf den Strand als Ort der Freizeit und des Vergnügens. Der unbeschwerte Aufenthalt steht im Zentrum der Strandbilder, Himmel und Meer bleiben als schmale Streifen im Hintergrund.
Nachdem auch die Amsterdamer Impressionisten die gedeckte, braungraue Farbpalette der Haager Schule verwendet hatten, kam in den 1890er Jahren mit dem Pointillismus eine bis dahin ungekannte Farbintensität in die niederländische Kunst. Die in Frankreich entwickelte Maltechnik konstruierte ihre Bildgegenstände durch Punkte ungemischter Farben, die sorgfältig nebeneinandergesetzt wurden. Wichtiger als das Bildthema war den Pointillisten das Sichtbarmachen von Licht und Farbe. Die um 1905 in Paris von den Fauvisten betriebene Entfesselung der Farbe kam bereits wenig später bei den Künstlern in Holland an. Farbe diente in dem Luminismus genannten Stil nicht mehr der naturalistischen Abbildung der Wirklichkeit und war nicht mehr an bestimmte Gegenstände gebunden. Sie verselbstständigte sich und wurde zum Ausdrucksträger. Die Wirkung von Licht und Schatten war weiterhin ein Thema; Mühlen oder Bäume blieben erkennbare Formen, waren aber durch leuchtende, ungemischte Farben verfremdet. Es ging nicht mehr um die Darstellung der Naturwahrnehmung, sondern um den Ausdruck der individuellen Empfindung. Der bis dahin ungekannte Bruch mit der Tradition des Realismus verstörte viele zeitgenössische Betrachter.
Mit der Haager Schule und dem Amsterdamer Impressionismus hatte es nur jeweils einen als neu eingeführten künstlerischen Stil gegeben. Nach 1910 jedoch spaltete sich die Avantgarde, wie in anderen Ländern Europas, auch in den Niederlanden in unterschiedliche, sich gleichzeitig ausprägende Richtungen auf. Die Geschwindigkeit der Entwicklung der künstlerischen Formensprache gewährte auch Freiheit bei der Wahl der Ausdrucksmittel. Farbe und Form schienen jetzt variabel wie nie zuvor. Malerinnen und Maler, die ihre künstlerische Entwicklung Ende der 1890er Jahre oder später begonnen hatten, experimentierten jeweils eine Zeit lang mit verschiedenen Verfahren. Die kubistische Aufgliederung der Formen, ihre expressionistische Überspitzung oder ihre Auflösung in der Abstraktion entfernte die Landschaftsdarstellungen immer weiter von der Wiedergabe der sichtbaren Welt.
Die Ausstellung Wolken und Licht. Impressionismus in Holland versammelte rund 100 Werke von etwa 40 Künstlerinnen und Künstlern, darunter Johan Barthold Jongkind, Vincent van Gogh, Jacoba van Heemskerck und Piet Mondrian. Zu den Leihgebern gehörten das Rijksmuseum und das Stedelijk Museum in Amsterdam, das Kunstmuseum Den Haag, das Dordrechts Museum, das Kröller Müller-Museum in Otterlo und das Singer Museum in Laren.
Eine Ausstellung des Museums Barberini, Potsdam, in Zusammenarbeit mit dem Kunstmuseum Den Haag. Unter der Schirmherrschaft des Botschafters des Königreichs der Niederlande in Deutschland, S. E. Ronald van Roeden.
Themenjahr „Holland in Potsdam“
Ausstellung, Veranstaltungsprogramm, Blog und Audio Walk: Das Holländische Viertel in Potsdam ist weltberühmt – die niederländischen Einflüsse in Potsdam gehen jedoch weit darüber hinaus. Das Projekt „Holland in Potsdam“ stellt von April bis September 2023 die unterschiedlichen Bezüge Potsdams zu den Niederlanden in den Fokus: von Tulpenfest bis Migration, von Bildender Kunst bis Gartenbau. Rund 20 Potsdamer Kulturinstitutionen feiern 2023 niederländische Kunst und Einflüsse in Potsdam im Themenjahr „Holland in Potsdam“. Den Auftakt markierte am 27. April der Koningsdag, niederländischer Nationalfeiertag und gleichzeitig Launch-Datum des Blogs, der den Kultursommer begleitet.
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Der Facettenreichtum des Programms verdankt sich den über 20 teilnehmenden Institutionen mit mehr als 50 Akteurinnen und Akteuren des Potsdamer Kulturlebens, zu denen neben dem Museum Barberini und der Stiftung Preußischer Schlösser und Gärten als Initiatoren der Aktion auch das Potsdam Museum, das Jan Bouman Haus, die Stiftung Gedenkstätte Lindenstraße, das Filmmuseum, die Mühlenvereinigung Berlin-Brandenburg, der Förderverein Jagdschloss Stern oder die Liebermann-Villa am Wannsee zählen. Sie alle beteiligen sich mit Beiträgen am Blog, der das Veranstaltungsprogramm begleitet und auf dem jede Woche bis zum Herbst Artikel, Videos und Bilderstrecken veröffentlicht werden, wobei sich zeitgenössische und historische Themen abwechseln sollen.
Auf der kostenfreien Barberini App bieten wir zudem einen Stadtrundgang als Audiotour zu 20 verschiedenen Orten der Stadt mit spannenden Holland-Bezügen an. Der Stadtrundgang wird im Laufe des Jahres zudem als Kleiner Kunstführer in der Reihe der Publikationen der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten veröffentlicht.
Alle Informationen, Beiträge und Veranstaltungen finden Sie auf dem Blog.
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