
David von Becker
Gemälde und ihre Biographie
Jedes Kunstwerk hat eine individuelle Geschichte, die zu seiner Identität gehört. Das Wissen um die früheren Eigentumsverhältnisse und die Biographie gehören zu jeder Sammlungsgeschichte. Das Museum Barberini hat begonnen, die Kunstwerke der Sammlung Hasso Plattner zu erforschen. Diese Recherchen haben auch das Ziel, die Herkunft der Werke lückenlos zu rekonstruieren. Als kunstwissenschaftliche Disziplin hat die Provenienzforschung ihre Vorgehensweise etabliert.
Kernaufgabe von Museen
Die Provenienzforschung untersucht die Biographie eines Kunstwerks. Sie ist als Kernaufgabe der Sammlungsforschung mit der 1998 verabschiedeten Washingtoner Erklärung in den Fokus der Museumsarbeit gerückt. Deutschland und die anderen 43 unterzeichnenden Staaten verpflichteten sich damit, von Kunstwerken, die während der Zeit des Nationalsozialismus beschlagnahmt wurden, die ehemaligen Eigentümer oder deren Erben ausfindig zu machen. Der erste Schritt ist, solche Werke zu identifizieren und öffentlich zu machen. Angestrebt wird eine „gerechte und faire Lösung“, die eine Rückgabe, eine Entschädigung oder eine einvernehmliche Regelung sein kann. Anlässlich des 25. Jubiläums der Washingtoner Erklärung haben Deutschland und 30 weitere Länder 2024 ihre Selbstverpflichtung erneut bekräftigt.
Provenienzforschung am Barberini
Die Untersuchung beginnt am Werk, auf dessen Rückseite sich häufig wichtige Hinweise befinden. Sie setzt sich fort in der Konsultation der hausinternen Quellen wie Ankaufsunterlagen und Zustandsberichte. Anschließend wird nach dem konkreten Werk in Literatur, Ausstellungs- und Auktionskatalogen sowie Online-Datenbanken gesucht. Auch die Recherche in Archiven und die Sichtung historischer Quellen wie Briefe und Geschäftsbücher ist ein elementarer Bestandteil der Provenienzforschung. Ihre Erkenntnisse werden in der Online-Sammlung des Museums Barberini publiziert und hier beispielhaft vorgestellt.
Monets Pappeln

Claude Monet: Die Pappeln in Giverny, 1887

Sammlung Hasso Plattner
Claude Monet: Pappeln in Giverny, 1887 (Rückseite)
Über Chicago nach Potsdam
Wie viele Werke der Impressionisten in amerikanischen Sammlungen nahm auch Monets Die Pappeln in Giverny den Weg in die USA über den französischen Kunsthändler Paul Durand-Ruel. Bereits 1859 hatte er seine erste Galerie in Paris eröffnet, in der er zunächst die Kunst der Schule von Barbizon ausstellte. Ab 1872 versuchte Durand-Ruel als einer der engagiertesten Förderer der Impressionisten ihre Werke zu verkaufen und organisierte in den darauffolgenden Jahren zahlreiche Ausstellungen ihrer Kunst in seiner Pariser Galerie sowie in Europa. Doch erst seine 1886 in New York realisierte große Impressionisten-Ausstellung sollte eine starke Käuferschaft anziehen, sodass er 1887 den Schritt wagte, die Dependance Durand-Ruel Galleries in New York zu eröffnen. Erst dadurch gelangte er auch zu finanziellem Erfolg.
Hinweise auf der Rückseite
Auf der Rückseite von Gemälden befinden sich häufig wichtige Hinweise wie Stempel und Aufkleber von Sammler:innen, Galerien oder Auktionshäusern. Manche Hinweise können direkt mit Namen und Stationen verbunden werden, andere lassen sich erst im Verlauf weiterer Recherchen aufschlüsseln.
Renoirs Birnbaum

Sammlung Hasso Plattner
Pierre-Auguste Renoir: Der Birnbaum, 1877

Pierre-Auguste Renoir: Der Birnbaum, 1877 (Rückseite)
Über New York nach Potsdam
Die Durchsetzung von Rechtsansprüchen der Erben ehemaliger Besitzer kann Jahrzehnte in Anspruch nehmen. Renoirs Der Birnbaum wurde seinem Eigentümer, dem Bankier und Kunstsammler Friedrich Bernhard Eugen „Fritz“ Gutmann, 1940/41 in den Niederlanden durch die Nationalsozialisten unrechtmäßig entzogen. Er und seine Frau Louise wurden 1944 in Konzentrationslagern ermordet. Über viele Jahrzehnte versuchten ihre Kinder und Enkelkinder, die Werke der Sammlung zurückzuerhalten. Erst im Juni 2005 gelang es ihnen, eine Vergleichsvereinbarung mit den damaligen Besitzern des Gemäldes abzuschließen und eine finanzielle Entschädigung zu erhalten.
Hinweise auf der Rückseite
Auf der Rückseite von Gemälden befinden sich häufig wichtige Hinweise wie Stempel und Aufkleber von Sammler:innen, Galerien oder Auktionshäusern. Manche Hinweise können direkt mit Namen und Stationen verbunden werden, andere lassen sich erst im Verlauf weiterer Recherchen aufschlüsseln.