Fliesensaal / Schloss Caputh
Das Schloss Caputh besitzt mit seinem geräumigen Fliesensaal einen ganz besonders eindrücklichen Raum. Seine Wände und Decken sind rundum mit etwa 7500 blau-weißen Fliesen bedeckt.
Segelboote, Landschaften, Schäfer
Der Caputher Fliesensaal entstand vermutlich um 1720, als König Friedrich Wilhelm I. den Landsitz seiner Vorfahren gelegentlich zur Rast auf Jagdausflügen nutzte. Er schätzte die geschäftige Lebensart und Wohnkultur der Holländer, die ihm zeitlebens als vorbildlich galt. Im holländischen Bürgerhaus nutzte man die Fayencefliesen vor allem als zweckmäßige Verkleidung feuchter oder stark beanspruchter Bereiche in Küchen und Fluren sowie um offene Kamine und Herdstellen. Wegen ihrer Porzellanähnlichkeit wurden Fayencefliesen im Verlauf des 17. Jahrhunderts zunehmend auch für die Gestaltung fürstlicher Speise- und Gartensäle, Schauküchen und Badekabinette begehrt.
Die Fliesen in Caputh gehören zu den ab 1700 in Massen produzierten nederlandse tegels, die auf 13 × 13 Zentimetern große und kleine Geschichten erzählen. Bei näherer Betrachtung der zunächst unüberschaubar wirkenden Fülle lassen sich fünf Themenbereiche mit zahlreichen Variationen unterscheiden: Segelboote, Landschaften, Schäfer und Schäferinnen, Tiere im Kreis und kleine Szenen aus dem Alltagsleben. Zu ihnen gehören die Darstellungen von alten Kinderspielen, hinter denen sich oft auch Sinnbilder für Vergänglichkeit, Verlust oder unnützes Tun verbergen können. Dieser tiefere Bedeutungsgehalt tritt im Caputher Saal jedoch hinter die Menge der Fliesen und die häufigen Wiederholungen der Motive zugunsten der Raumwirkung zurück. Hier liegt der Reiz in der kompletten Wand- und Deckenverkleidung.
Beispiel barocker ,Fliesenmode‘
Sie muss von qualifizierten Handwerkern stammen, die solche Fliesenarbeiten nicht zum ersten Mal ausführten. Die handwerkliche Meisterschaft ist vor allem an der Ausführung der keramischen Bekleidungen der Gewölbe- und Gurtbogenflächen zu sehen. Das original erhaltene Fugenbild und die verschieden getönten Glasuren sorgen je nach Lichteinfall für lebendige Spiegelungen auf den porzellanähnlichen Oberflächen. Auch heutige Besucher können sich der besonderen Atmosphäre und der Entdeckungsfreude im Fliesensaal des Schlosses Caputh kaum entziehen.
Die Verwendung dieser typischen Erzeugnisse holländischer Fayenceproduktion zeigt nicht nur den Einfluss der niederländischen Kultur am brandenburgisch-preußischen Hof, sondern stellt auch ein schönes Beispiel der barocken ,Fliesenmode‘ in europäischen Schlössern dar.
Der Fliesensaal im Schloss Caputh ist eine der Stationen der Audiotour Holland in Potsdam, die anlässlich der Ausstellung Wolken und Licht. Impressionismus in Holland (8.7.–22.10.2023) als Standrundgang für die Barberini App entwickelt wurde. Die Audiotour lädt dazu ein, rund um das Museum eine große Vielfalt an niederländischen Einflüssen in der Stadt Potsdam zu entdecken. Laden Sie einfach die kostenfreie Barberini App herunter und lassen Sie sich überraschen.